Renault – Vom Holzauto zum Weltkonzern
Die automobile Geschichte von Renault begann um die Weihnachtszeit des Jahres 1898 und ist in den Anfängen eine unternehmerische Familienchronik. In einem großen Schuppen im Pariser Vorort Boulogne-Billancourt, der als erste Renault-Werkstatt diente, baute Louis Renault sein erstes aus Holz bestehendes Automobil zusammen, dass er später als Modell A bezeichnete. Bei einer Ausfahrt durch Paris erhielt er noch am gleichen Tag zwölf Aufträge für den Nachbau des Automobils. Im Februar des Jahres 1899 wurde die „Société Renault Frères“, das Unternehmen der Gebrüder Louis, Fernand und Marcel Renault ganz offiziell gegründet.
Die frühen Jahre von Renault
Als seine Brüder im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts starben, führte Louis Renault das Unternehmen alleine weiter. Auch arbeitete er weiter als Techniker und Entwickler. Getrost kann man Louis Renault als einen der großen Pioniere der Automobilgeschichte ansehen. Bedeutende Entwicklungen und Innovationen gehen auf ihn zurück. Unter den eingereichten Patenten waren die einschraubbare Zündkerze, der Turbokompresser beziehungsweise Turbolader, die Kardanwelle und die Trommelbremse. Renault verwendete den ersten Sicherheitsgurt und baute den ersten V8-Motor, der zunächst in ein Flugzeug eingebaut wurde.
Die Firma wuchs stetig und schnell. Schon zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts waren mehr als 100 Mitarbeiter bei Renault beschäftigt. Typisch für die Zeit und auch in anderen Ländern üblich, war die Produktion von Kleinlastwagen und Nutzfahrzeugen. Durch sein technisches Verständnis und sein innovatives Denken gelang es Louis Renault, in vielen Automobilsegmenten seinen Markennamen zu etablieren. Im Jahre 1909 produzierte das Unternehmen bereits 3- und 5-Tonnen-Lastkraftwagen und stellte im Jahr 1913 das zehntausendste Fahrzeug fertig, was in Europa seines Gleichen suchte. Nur noch die Ford-Werke in den Vereinigten Staaten übertrafen solche Zahlen.
In den Wirren des Ersten Weltkrieges stellte Renault Militär-Lastkraftwagen, Flugzeugmotoren und Munition her. Im Jahr 1915 präsentierte der geniale Techniker Louis Renault eine Zugmaschine mit Allradantrieb und entwickelte den ersten Panzer mit einem drehbaren Turm und einer selbsttragenden Bodengruppe. Nach dem Krieg expandierte das Unternehmen weiter, baute zusätzlich Bootsmotoren, Traktoren und Flugzeuge. In Le Mans entstand eine weitere Fertigungsstätte. Ende der Zwanziger Jahre präsentierte Renault seinen ersten Diesel-LKW. Im Schatten der Weltwirtschaftskrise mussten dann Fahrzeuge entwickelt werden, die energiesparend betrieben werden konnten. Der Renault 6CV kam mit 3,7 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer aus.
Die Nachkriegszeit
Louis Renault erkannte frühzeitig, dass eine Abhängigkeit von Zulieferern einem expandierenden Großunternehmen hinderlich sein kann und so wurden in vielen Bereichen eigene Produktionslinien geschaffen. Das Unternehmen baute ein eigenes Kraftwerk und auf der Seine-Insel Séguin entstand das seinerzeit größte sowie modernste europäische Automobilwerk mit einer 1,5 Kilometer langen Fertigungsstraße. Im Oktober 1944 starb der große Techniker und Firmengründer Louis Renault in Paris. Direkt nach Kriegsende wurden die Renault-Werke durch die vorläufige französische Regierung verstaatlicht und Pierre Lefaucheux als generalbevollmächtigter Direktor eingesetzt. Das Familienunternehmen Renault gab es nicht mehr – der Staatsbetrieb Renault war geboren.
Dennoch setzte das Unternehmen dort an, wo es erfolgreich marktorientiert funktioniert hatte. Innovation und Expansion. Das erfolgreichste Automobil der jungen Nachkriegszeit war der Renault 4CV. Dieser wurde im Volksmund nur „Crèmeschnittchen“ genannt und war von Louis Renault noch während des Krieges heimlich entwickelt worden. Die Nachfrage für den 4CV war so groß, dass die Wartezeit für das Modell im Jahr 1947 gut ein Jahr betrug und die Monatsproduktion bei rund 7800 Fahrzeugen lag. Im wirtschaftlichen Aufschwung der 50er Jahre expandierte Renault weiter. Im spanischen Valladolid, Palencia und in Sevilla wurden die sogenannten FASA-Renault-Werke gebaut und betrieben. In Baden-Baden entstand die erste deutsche Renault-Werkstatt-Vertretung. Pierre Dreyfus wurde Nachfolger von Renaultchef Lefaucheux, nachdem dieser 1955 bei einem Autounfall tödlich verunglückte. Die erfolgreichen und eleganten Automodelle dieser Zeit waren der Frégate, die Dauphine und der Floride S.
Aufstieg zum Weltkonzern
Die 60er Jahre bedeuteten für Renault den absoluten internationalen Durchbruch und den eigentlichen Aufstieg zum Weltkonzern. Einhergehend mit zahlreichen sozialen Errungenschaften für die Renault-Werksbelegschaft, wie beispielsweise die bezahlte dritte und vierte Urlaubswoche, entstanden für das Unternehmen richtungsweisende und wichtige Pkw-Modelle. Der Renault R4 ist wohl eines der bekanntesten Automobile der Geschichte. Der kleine Kompaktwagen war robust und bot auch für Familien genügend Platz sowie eine praktische Raumaufteilung. Für Jahrzehnte prägte der Wagen einen Teil der automobilen Welt. Die sogenannte „Revolverschaltung“ ist noch heute vielen Autofahrern ein in Erinnerung gebliebenes Detail.
Das eigentlich erste „Weltmodell“ von Renault war allerdings der R12. Noch bis zur Jahrtausendwende wurde er in Rumänien von Dacia gebaut oder in der Türkei von Oyak Renault. In Brasilien lief der R12 unter der Verantwortung von Ford als Ford Corcel vom Band. Ein weiteres Erfolgsmodell war der exklusiv wirkende R16. Zu dieser Zeit ging Renault wichtige Kooperationen ein, baute weltweit Produktionsstätten auf und wurde auch in Europa zu einem der führenden Automobilexporteure. In Deutschland übernahm Renault das gut ausgebaute Händler- und Ersatzteilnetz der Traktorenmarke Porsche-Diesel, welches nach und nach auch in Renault-Werkstätten und -Autohäuser umgewandelt wurde. So gelang Renault der Aufstieg zum damals größten Importeur innerhalb Deutschlands.
Tradition und Moderne
Im Jahr 1980 stiegen die Produktionszahlen von Renault auf rund 2 Millionen Fahrzeuge pro Jahr. Modelle wie der R5 waren besonders bei der jungen Generation sehr beliebt. Der Renault Alpine 310 mit V6-Motor lockte in einem völlig anderen Segment ein betuchteres Publikum an. Später folgte mit dem Espace der Urvater der europäischen Großraumlimousine und der als „kleine Freund“ bekannte Clio. Auch der Twingo fand über Generationen hinweg einen dauerhaften Absatzmarkt. Schon früh war Renault auch dem Motorsport verpflichtet. Fahrzeuge und Motoren der Traditionsmarke begeisterten im Rallyesport oder in der Formel Eins. Teams wie Williams, Benetton, Red Bull oder werkseigene Teams feierten entsprechende Erfolge.
Natürlich gab es in 118 Jahren Firmengeschichte auch Krisen, die größte vielleicht im Jahr 1984 als die Absatzzahlen stark rückläufig waren und das Unternehmen erstmals rote Zahlen schrieb. Durch neue Modelle oder andere Maßnahmen wie Kooperationen, beispielsweise mit Nissan oder auch der Daimler AG, konnte der Konzern immer wieder gestärkt aus wirtschaftlich kritischen Phasen heraus gelangen. Heute ist Renault mit einer frischen Modellpalette, zukunftsweisenden Technologien und der noch immer währenden Kooperation mit Nissan gut aufgestellt. Die Elektromobile der Sparte Z.E. (Zero Emission), der Elektrokleinwagen ZOE und der futuristische Elektrozweisitzer Twizy deuten den zukünftigen Weg für die mobile Fahrzeugtechnik ohne Verbrennungsmotoren bereits heute an.